Tel.: 02543/231314

Mahnmal Billerbeck

 

Wolfgang Suwelack, einen Billerbecker Unternehmer vom Jahrgang 1937 trieb seit seiner Jugend die Frage um, wo die Kinder geblieben seien, die er als Kleinkinder und Schulkinder zu Freund und Freundin hatte. Im Jahr 2001 besuchte er eine alte Dame, die aus seiner Münsterländer Heimat nach Chicago geflohen war. Daraus und aus dem Entsetzen der Schilderungen aus der Vergangenheit entstand seine Stiftung, die sich der Spurensuche widmet. Ihr gelang es, zahlreiche sichtbare Zeichen der verschleppten, geflohenen und ermordeten Menschen aufzudecken und in der Münsterländer Idylle sichtbar zu machen. Das passte nicht jedem; es gab Drohbriefe, und genervte Bürger wiesen manchmal darauf hin, die Vergangenheit doch besser ruhen zu lassen.

Im Jahr 2020 stand die Erneuerung einer Tafel an, auf der alle Toten aus Naziterror- und Kriegszeiten verzeichnet waren. Die Tafel aus Panzerglas, ein frühes Werk der Wolfgang Suwelack- Stiftung, stand nur ein paar Jahre unbeschädigt, um danach 20 Jahre mit Sprüngen aus Vandalismus ein verstohlenes Dasein hinter Kirschlorbeerhecken zu fristen.

Das Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem Designer Christoph Sandkötter aus Münster, unter Beratung durch den LWL und Zuarbeit der Stadt Billerbeck, erfährt eine breite Akzeptanz in der kleinsten Domstadt Deutschlands und ist seit der Übergabe an die Stadt Billerbeck am Totensonntag 2022 ein rostiges Werk aus Stahl und Typografie, das ein kraftvolles Zeichen im Schatten des Domes setzt.

Sandkötter schrieb dazu, „Schreiben wir die Namen mit Luft, denn die Menschen sind ja verschwunden. Aber schreiben wir sie in die Ewigkeit, in einen Stahl, der der Vergänglichkeit standhält, aber seine Vergänglichkeit nach außen zeigt. Das sind wir denen schuldig, deren Zukunft mit Gewalt zerstört wurde.“

So entstand direkt neben der dreistempeligen Kapelle mit Kuppeldach, dem „Kriegerehrenmal“, eine Stele aus drei konkaven Stahltafeln, aus denen 702 Namen verschleppter,
vertriebener, ermordeter- und gefallener Menschen herausgeschnitten wurden. Das Ensemble wurde so vom ‚Kriegerehrenmal’ zum ‚Mahnmal’, „ZUM GEDENKEN AN DIE OPFER VON KRIEG UND GEWALT“. Die Verehrung der ‚Helden‘ des ersten Weltkrieges verschmilzt mit allen ‚Opfern aus Krieg und Gewalt‘ zu einem Ort des stillen Gedenkens und erinnert uns daran, dass Friedfertigkeit statt Gewalt heute in unserer Region möglich ist und Gewalt und Heldentum nicht länger kongruent sind.

Zur Technik:
Die Texte der 3-gliedrigen Stele ergeben 702 Namen, 4443 Wörter, und etwa 30.000 lasergeschnittene Zeichen der Schrifttype User Stencil Bold in 17,5 mm Versalhöhe, die nach Sichtprüfungen mit 1:1 Drucken die Typografie der Wahl war. Der Schriftsatz wurde klassisch spationiert, von Hand mit Geviert-Werten, um einen gleichmäßigen transparenten Look zu erzielen. Einige Zeichen wurden dem Design zu Gunsten der Erkennbarkeit angepasst.

Die Umsetzung in vier Meter hohen und 160 cm breiten 6 mm COR-TEN-Stahl-Tafeln ergab die größten Textmengen, die jemals in einem Stück aus Stahl geschnitten wurden. Hunderttausende Positionierungen musste der Laser dazu ansteuern und dabei digital stabil bleiben.

Die konkave Form wurde mittels Abkanten in kleinsten Schritten vollzogen, die Headlines auf den Platten wurden aus Messing gelasert und in die Stahlplatten eingetrieben.
Die gesamte Stele wiegt rund 1.000 KG.

Für die innere dezente Beleuchtung wurden Acrylglasröhren in opaker Qualität gefertigt, die das Licht so streuen, dass eine Lichtquelle nicht direkt sichtbar ist.